Nach der Fahrt ist vor der Fahrt

Wenn am Freitagabend bis 18 Uhr alle eingetrudelt sind, ist das große Schnattern längst im Gange und die Wiedersehensfreude groß. Dort drüben steht eine Mutter, der man das letzte Mal auf Station begegnet ist und mit der man sich immer so gut unterhalten konnte. Da hinten steht ein Mitarbeiter des Vereins, bei dem man vor einer Weile in der Beratung war, um mit ihm über Dinge des Alltags zu sprechen, die nun anders sind als vor der Erkrankung. Auf jeden Fall fühlt man sich aufgehoben. Untereinander. Miteinander.

Das erste Abendessen – um Freien natürlich – ist der Startschuss in ein Wochenende, das zu einer großen Vielfalt an Exkursionen, Kreativ-Workshops, sportlichen Aktivitäten, Bühnenvorführungen und Entspannungsangeboten lockt. Von der Kräuter- und Wiesenwanderung, über die Imkerei-Führung, das Bogenschießen, Filzen und Basteln mit Holz, das freie Malen, das Bemalen von Natursteinen, das Klettern, Marionettentheater, Tiergeschichten am Lagerfeuer, Fackelwanderung bis zur Hunde-Show, dem Lach-Yoga und dem angeleiteten Meditieren ist alles dabei, was den Synapsen An- und Abregung verschafft. Und natürlich geht es bei alledem darum, nebenher miteinander ins Gespräch zu kommen, auszuwerten, zu beraten, zu berichten, was es Neues gibt, wie andere mit dem Erlebten umgehen und dabei zu wissen, dass die anderen weder verunsichert noch genervt sind, wenn sich das Gespräch mal wieder um „die Krankheit“ dreht.

19-mal hat mittlerweile die Familienfahrt stattgefunden. Organisatorisch und logistisch ist sie eine Herausforderung. „Im Grunde beginnen wir schon ein Jahr zuvor mit der Grobplanung“, berichtet Geschäftsführerin Antje Herrmann, „nämlich dann, wenn wir die stattgefundene Familienfahrt zusammen mit Herrn Peschel auswerten.“ Lutz Peschel ist der Inhaber des Kleinen Vorwerks in Sayda. Er stellt das gesamte Gelände ein Wochenende pro Jahr dem Verein komplett zur Verfügung und sorgt für das leibliche Wohl seiner kleinen und großen Gäste. Er plant auch zusammen mit den Mitarbeitern des Vereins das kunterbunte Programm und lädt Workshop-Leiter, Künstler und Exkursionsführer aus der Umgebung dazu ein, sich an der Gestaltung des Wochenendes zu beteiligen. Trotz allem bleibt für den Verein selbst jede Menge zu tun: „Wir hatten dieses Mal Anmeldungen von über 200 Personen. Da sind die Vereinsmitarbeiter noch gar nicht eingerechnet“, so Antje Herrmann.

Bevor es überhaupt zu Anmeldungen kommt, müssen erst einmal Einladungen an alle Familien verschickt werden. Gerade bei solchen Massensendungen ist der Verein beim Falten und Eintüten auf die Hilfe von Ehrenamtlichen angewiesen, die für ein paar Stunden vorbeikommen, um die Geschäftsstellenmitarbeiter zu unterstützen. Sind die Anmeldungen eingetrudelt, muss geprüft werden, ob der kleine Obolus, den die Familien selbst beitragen müssen, auf dem Konto angekommen ist. Dann geht es an die Verteilung der Personen. „Wir mieten jedes Jahr die Jugendherberge Sayda mit an, weil wir im Vorwerk gar nicht alle unterkriegen“, sagt Ulrike Grundmann, Leiterin des Psychosozialen Bereichs. „Letztlich müssen alle Übernachtungsgäste auf die Jugendherberge sowie die Zimmer und Blockhütten des Vorwerks verteilt werden, dass es für alle, die sich ein Zimmer teilen, auch gut passt. Gezeltet werden kann natürlich auch.“

Nicht jede Familie hat ein eigenes Auto und kann selbst anreisen. Auch hier sorgt der Sonnenstrahl für Abhilfe und vermittelt Fahrgemeinschaften bzw. teilt die Betreffenden auf die vereinseigenen Fahrzeuge auf. Doch werden nicht nur Personen geshuttelt, es muss auch Material mitgenommen werden: Zelte, Schlafsäcke, Fußbälle, Volleybälle, Slacklines, Bastelsachen und vieles mehr. Die Mitarbeiterautos sind für gewöhnlich voll und in manchen Jahren haben sie sogar eigene Freizeitangebote im Gepäck. „In manchen Jahren haben unsere Mitarbeiter eigene Yoga- oder Body Percussion-Workshops gegeben“, sagt Antje Herrmann. Dieses Jahr hatte sich Sozialpädagogin Dajana Wiese das Geo-Caching auf die Fahnen geschrieben. Auch das Bespielen des abendlichen Lagerfeuers mit Gitarrenklängen und die Absicherung der Kletterwand ist traditionell Aufgabe der Mitarbeiter.

Nun, wie heißt es so schön: Vor der Fahrt ist nach der Fahrt! Es geht schon wieder los mit der Planung für das nächste Jahr – ein Jubiläum. Denn 20 Jahre Familienfahrt möchten gebührend gefeiert sein. Wir freuen uns schon darauf und danken allen von Herzen, die uns bei der Organisation dieses wunderbaren Wochenendes großartig unterstützen, allen voran Lutz Peschel und seinem Team, allen Künstlern, Workshop-Leitern und Exkursionsführern!

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